Fallstudie Amstein + Walthert
Innendämmung im Denkmal:
Schulanlage Ilgen Zürich
Wie Bauschäden verhindert und eine kostenintensive Planung und Ausführung vermieden werden können, berichtet Valentina Zanotto, Teamleiterin Bauphysik bei A + W Zürich in ihrer Fallstudie zur Sanierung der Schulanlage Ilgen mit Multipor Innendämmung.
Gerade bei denkmalgeschützten Altbausanierungen kann der energetische Standard des Gebäudes oft nur durch eine Innendämmung verbessert werden. Zahlreiche Bauschäden sowie eine kostenintensive Planung und Ausführung haben dazu geführt, dass die Innendämmung einen schlechten Ruf hat. Die sanierte Schulanlage Ilgen hingegen zeigt, dass ein gut geplantes Innendämmsystem nicht zwangsläufig zum Scheitern verurteilt ist.
Valentina Zanotto, Teamleiterin Bauphysik bei Amstein + Walthert in Zürich hat sich mit diesem Thema intensiv auseinandergesetzt. Das renommierte Bauphysikbüro plante und berechnete die Sanierung des denkmalgeschützten Altbaus mit dem mineralischen Innendämmsystem von Multipor. Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf dem konstruktiven Holzschutz an den Balkenköpfen des über 100 Jahre alten Gebäudes.
Frau Zanotto beantwortet die Frage, welche Stolpersteine für ein funktionierendes Sanierungskonzept in der Planung und Ausführung zu beachten sind.
Das Objekt: Schulanlage unter Denkmalschutz
Die Schulanlage Ilgen in Zürich-Hottingen wurde 1877 von den Architekten Ernst Diener und Otto Wolf im Baustil des Klassizismus erstellt. Die Schulhäuser zeichnen sich durch die massive Bauweise mit teils verputzten, teils mit Sandstein verkleideten Fassaden sowie durch Ornamente an den Gebäudeecken und oberhalb der Fenster aus. Innerhalb der Gebäude sind besonders die für diese Zeit typischen hohen Holzbalkendecken markant.
Kernstück der Sanierung war deshalb die Innendämmung des Sichtmauerwerks mit Multipor Mineraldämmplatten sowie der Einbau neuer Fenster, deren Öffnung automatisch nach der CO2-Konzentration der Raumluft und auch zur Nachtauskühlung im Sommer gesteuert wird.
Die Schulhäuser standen zum Zeitpunkt der Sanierung bereits unter Denkmalschutz. Dies schloss eine Änderung des äusseren Erscheinungsbildes aus. Gleichzeitig musste der Altbau nach der Sanierung den Minergie Standard erfüllen, was eine energetische Gesamtsanierung zur Folge hatte.
Valentina Zanotto, Teamleiterin Bauphysik, Amstein + Walthert Zürich
Umbaumassnahmen
Um die energetischen Anforderungen erfüllen zu können, ohne dadurch Feuchteschäden an der Bausubstanz zu fördern, wurde für die Aussenwände eine «feuchteaktive» Lösung gewählt. Als Werkzeug für die Planung der Sanierungsmassnahmen wurden verschiedene Methoden für die Analyse des Wärme- und Feuchtetransports innerhalb der Bauteile verwendet.
Dadurch konnte unter anderem die optimale Dämmstärke der Aussenwände von 10 cm sowie ein geeigneter, diffusionsoffener und kapillaraktiver Dämmstoff — Multipor Mineraldämmplatten — definiert werden. Dazu wurden die folgenden Massnahmen umgesetzt:
- Luftdichte Ausführung aller Anschlussbereiche, mit moderaten resp. feuchteadaptiven Dampfbremsen, um das Austrocknungspotential auch raumseitig zu gewährleisten
- Verwendung von anpassungsfähigen Dämmstoffen (z.B. Dämmputz) als Ausgleichsschicht an den Untergrund
- Instandsetzung der Aussenfassade mit Regenschutzmassnahmen (Hydrophobierung)
- Flankendämmung zur Minimierung der Wärmebrücken bei den Innenwandanschlüssen
Die Berechnungen des Feuchteverhaltens an den Balkenköpfen zeigten, dass der Bereich um die Balkenköpfe am Mauerauflager durch das Anbringen der Innendämmung zu stark abkühlen würde und sich Kondensat bilden könnte. Um den konstruktiven Holzschutz an den Balkenköpfen zu gewährleisten, wurde in Abstimmung mit der Baubehörde eine eher unkonventionelle Massnahme für dieses Detail definiert und rechnerisch dimensioniert. Durch das Aussparen von Innendämmung an den Wandbereichen um die Balken herum erfolgt ein «Umspülen» der Balkenköpfe mit «warmer» Raumluft. Dies erwärmt die Oberflächen und ermöglicht, dass die Feuchtigkeit in die Raumluft übergehen kann. Diese Massnahme minimierte das Risiko von Schäden wesentlich.
Vor Beginn der tatsächlichen Umbauarbeiten wurden bereits 4 Monate lang Messungen bei einer teilweise sanierten Wand (Probewand) durchgeführt, um allfällige durch die Innendämmung bedingte Risiken frühzeitig zu erkennen. Diese zeigten, dass alle Massnahmen wie geplant ausgeführt werden konnten.
Feuchtemessungen
Die Langzeitmessungen an vier verschiedenen Messstellen starteten im Juni 2012 und werden ca. 10 Jahre dauern. Ziel dieses Messprojekts ist, Erfahrungen mit Innendämmungen im realen Betrieb über einen längeren Zeitraum zu gewinnen. Zentrale Themen der Studie sind einerseits die Feuchtigkeit der Holzbalkenköpfe im Anschluss der Holzbalkendecke zur Aussenwand und andererseits die mögliche Auffeuchtung hinter der Innendämmschicht.
Es wurden an der Nordost- und der Südwestfassade je zwei Messstellen eingerichtet, um die notwendige Redundanz und damit eine Vergleichsmöglichkeit zu gewährleisten. Die zwei Fassaden weisen unterschiedliche Aussenverkleidungen auf: die Nordostfassade ist verputzt und die Südwestfassade (wie auch die Südostfassade) ist mit Naturstein verkleidet.
Messeinrichtung bei jeder Messstelle:
- Balkenkopf: Holzfeuchte
- Luft-/Verfüllraum hinter dem Balkenkopf:
Temperatur und relative Feuchtigkeit - Grenzschicht zwischen Wärmedämmung und Mauerwerk:
Temperatur und relative Feuchtigkeit
Die absolute Luftfeuchtigkeit zwischen Wärmedämmung und Mauerwerk liegt um max. 0.5 g/m3 höher als die Feuchtigkeit im Klassenzimmer. Bei allen Messstellen zeigt die absolute Luftfeuchtigkeit einen ähnlichen Verlauf.
Die Messungen zeigen keine deutliche Auffeuchtung bezogen auf die Jahresverläufe auf.
Die gemessene Innenraumlufttemperatur liegt hauptsächlich zwischen 20°C und 27°C.
Die Luftfeuchtigkeit während der Messperiode weist einen Verlauf auf, welcher immer unter der maximalen Luftfeuchtigkeit gemäss der SIA Norm 180:2014 (Ziffer 6.2.1.4 — Tabelle 10, Seite 46) liegt. Im Winter weist die relative Feuchtigkeit in der Regel Werte zwischen 20% und 35% auf, welche für die erhöhte Personenanzahl durch die Schüler relativ niedrig ist. Dies bedeutet, dass die Feuchtebelastung im Innenraum gut durch die Fensteröffnung reduziert werden kann und dass die Randbedingungen für den Feuchteschutz besonders positiv sind.
Die gemessenen Parameter haben bis jetzt keinen der relevanten Grenzwerte gemäss SIA 180 für die Holzbalkenköpfe oder für die Innendämmung überschritten. Dies bedeutet, dass unsere Erwartungen erfüllt wurden und keine Schäden aufgrund der Feuchtigkeit aufgetreten sind.
Valentina Zanotto, Teamleiterin Bauphysik, Amstein+Walthert Zürich
Fazit
Die Fallstudie der Schulanlage Ilgen zeigt, dass durch eine qualifizierte Einschätzung der bauphysikalischen Situation und gezielte Berechnungen ein Sanierungskonzept mit Innendämmung definiert werden kann, welches einerseits die energetischen Anforderungen so gut wie technisch möglich erfüllt und andererseits die Bauschadensfreiheit gewährleistet. Gleichzeitig konnten sowohl die gestalterischen Aspekte des Architekten als auch die Vorgaben des Denkmalschutzes im Sanierungskonzept berücksichtigt werden. Eine Innendämmung aus Multipor Mineraldämmplatten zeigte sich in ökologischer und nachhaltiger Hinsicht als die richtige Wahl, um allen bautechnischen Anforderungen gerecht zu werden.
Während der Planung und der Ausführung von Innendämmsystemen sind insbesondere die folgenden Aspekte zu beachten:
- Korrekte Abschätzung und Berücksichtigung der Gebäudenutzung und der möglichen Feuchtebelastung von innen sowie die Erstellung eines Lüftungskonzeptes
- Fachgerechte Ausführung der Grenzschicht zwischen Mauerwerk und Innendämmung (Klebstoffprodukt, Anschlüsse etc.)
- Minimierung des Feuchteeintrags von aussen durch Regenschutzmassnahmen (z.B. Hydrophobierung der Aussenschicht)
Das Ergebnis ist ein bis heute bauphysikalisch funktionierendes Gebäude, welches den gestalterischen Ansprüchen einer gelungenen Altbausanierung gerecht wird.
Marcus Knapp, Partner und Mitglied der Geschäftsleitung der Amstein + Walthert AG